Cane oder Plastic
Synthetische oder natürliche Reeds?
An dieser Frage scheiden sich die Geister. Bordune sind bei fast allen Herstellern hauptsächlich mit synthetischen Rohrblättern ausgerüstet - da gibt es kaum Diskussionen.
Nicht einmal 10% unserer Kunden nutzen Canereeds und von Denen kann nur ein geringer Kreis sachverständig damit umgehen. Jedes Material hat spezifische Eigenheiten und besitzt dem Anderen gegenüber Vor - und Nachteile.
Zuerst zu den Kunststoffreeds. Wir setzen synthetische Doppelrohrblätter außerordentlich erfolgreich in unsere zylindrisch gebohrten Spielpfeifen für Dudelsäcke (Hümmelchen) und Holzblasinstrumente (Krummhörner und Cornamusen), sowohl bei fast allen konisch gebohrten Dudelsackspielpfeifen (Serie MA, Schäferpfeifen) ein.
Die Vorteile synthetischer Reeds liegen auf der Hand:
- Stimmungsstabilität
- allwettertauglich
- kein Einspielen
- Resistenz gegen Feuchtigkeit
- gleichbleibender, exakter Klangcharakter
- leichtere Ansprache
- lange Lebensdauer
Doppelrohrblätter aus Kunststoff lassen sich kaum manipulieren, d.h. die Einstellmöglichkeiten sind für den Anwender äußerst gering. Das ist auch gut so und aus unserer Sicht kein Nachteil. Die Klangcharakteristik ist ausgewogen, sehr obertonreich und somit sehr brillant. Doppelrohrblätter aus Kunststoff finden ihren Einsatz in unseren Instrumenten dort, wo es auf mäßig bis leichtere Spielbarkeit ankommt und die einer anblasbedingten Feuchtigkeit ausgesetzt sind.
Für die Spielpfeifen von Uilleann - Pipes ist es möglich synthetische Reeds herzustellen, wir empfinden es aber nicht als sinnvoll, da diese Instrumente mittels Blasebalg betrieben werden und die Herstellung synthetischer Reeds dafür äußerst aufwendig sind. Wir favorisieren auch Cane-Reeds für jede Art von blasebalgbetriebenen Dudelsack.
Eine Ausnahme gestatten wir uns bei Böcken, egal ob sie mundgeblasen oder mit Blasebalg betrieben werden - sie werden grundsätzlich mit den von uns entwickelten synthetischen Single-Reeds ausgestattet.
Der Grund dafür ist der Einstieg in die Welt der Rohrblätter aus Arundo Donax. Diese Reeds funktionieren bei mundgeblasenen Dudelsäcken bei höheren Spieldrücken besser, d.h. sie fallen durch die stärkeren Blatthälften bei Feuchtigkeit nicht so stark ab.
Die Aufnahme von Feuchtigkeit ist bis zur Sättigung bei weicher eingerichteten Reeds ein kürzerer Zeitraum als bei härter eingerichteten Reeds. Feuchtigkeit macht das Schilfrohr weicher und schwerer, das hat ein Absacken der Stimmung des Instrumentes zur Folge. Die höhere Stabilität härterer Reeds wirkt einem schnellen Tonhöhenverlust entgegen.
Das Einrichten von Cane-Reeds ist ein längerer Prozess!
Jeder Anwender spielt sein Instrument mit einer unterschiedlichen Spielfeuchte. Das Cane-Reed muss die entsprechende Betriebsfeuchte haben und über einen längeren Zeitraum durch beidseitiges und gleichmäßiges Schaben an bestimmten Regionen der Blatthälften eingerichtet werden und zwar so lange, bis das Rohrblatt zur Mensur der Spielpfeife passt und sich beim Spielen tonal nicht mehr ändert. Und das funktioniert am besten bei einer gleichbleibenden klimatischen und thermischen Umgebung.
Wenn der Unterschied zwischen Betriebstemperatur des Instrumentes mit der Umgebungstemperatur nach unten größer wird, setzt eine stärkere Kondensation ein. Dadurch wird das Rohrblatt einer größeren Feuchtigkeit ausgesetzt. Man kann diesen physikalischen Prozess mit dem Einsatz eines Kondensatabscheiders minimieren, aber nicht völlig aufhalten. Wenn die Differenz beider Temperaturen zu groß wird, steigt irgendwann das Cane-Reed aus.
Noch einmal zu unseren Böcken:
Diese Instrumente besitzen überliefert sehr leichtgängige Zungen aus Arundo Donax, dazu noch Kehlen aus Messing. Saugt man in dieser Kombination feuchte Luft an - dann dauert das Konzert nicht lang.
Wird bei balgbetriebenen Dudelsäcken feuchte Luft angesaugt und das Rohrblatt Dem ausgesetzt, passiert unter anderem Folgendes:
Der Lippenspalt wird bei fast allen Doppelrohrblättern mittels Zwinge justiert. Setzt man bei leicht eingestellten Reeds die Rohrblatthälften bei permanentem Druck der Zwinge Feuchtigkeit aus (z.B. Uilleann-Pipes, Small-Pipes), verformen sich die Blatthälften. Der ohnehin geringe Lippenspalt geht zu. Bei der Korrektur des Lippenspaltes öffnen sich nach dem Trocknen die Seiten - das Reed ist unbrauchbar.
Holz und Schilfrohr sind hygroskopische Werkstoffe!

Fazit
Synthetische Rohrblätter finden ihren Einsatz dort, wo es um Stimmungsstabilität, Stimmungssicherheit, öfteren Instrumentenwechsel und natürlich um Bequemlichkeit geht.
Cane-Reeds sind die bessere Wahl bei balgbetriebenen Dudelsäcken
Uilleann Pipes, Small Pipes und Schäferpfeifen.
Kennt man sich mit Cane-Reeds aus und hat Freude am Basteln, erfreut sich "Mittelalter - Mann" am Klang von Rohrblättern aus Arundo Donax.
Der Klang von Instrumenten, bestückt mit Cane - Reeds, ist sicher eine Liga für sich. Es setzt jedoch einiges an Erfahrung im Umgang mit Schilfrohr voraus. Selbst ich, der kein Problem mit diesem Werkstoff hat und diese Reeds auch herstellt, würde, schon aus Gründen der Bequemlichkeit, synthetische Reeds anstelle von Cane - Reeds vorziehen.
Wenn Spielleute mit bis zur Unkenntlichkeit getapten Spielpfeifen über die Omnipotenz von Cane-Reeds erzählen - haltet euch die Taschen zu!
Wir könnten Geschichten erzählen - es würden einige vom Glauben abfallen.
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