Gebrauchte Dudelsäcke
Ein neuer Dudelsack oder doch lieber ein „Guter, Gebrauchter“?
Vorab: Es gibt auf diese Frage nicht DIE eindeutige Antwort.
Jedoch sind da ein paar Dinge, über die es sich lohnt nachzudenken und dann genau abzuwägen.
Wer in seinem Leben bereits die Freude hatte, ein gebrauchtes Kfz erwerben zu wollen, kennt das folgende Szenario wohl nur zu gut:
Man stöbert durch das Internet, sieht sich viele, wunderschöne Bilder aus den möglichsten (und unmöglichsten) Perspektiven an, liest die lobpreisenden und schmeichelnden Worte, die das Angebotene beschreiben.
Man freundet sich langsam aber doch stetig mit dem wohligen und warmen Gedanken an, das Objekt der Begierde sehr bald und schnell sein Eigen zu nennen.
Der Bauch kribbelt und die Freude ist groß......
Und dann steht da ein stinkender Schrotthaufen.
Dumm gelaufen.
Die Realität tut manchmal weh - nur mit dem Unterschied, dass man besagtes Fahrzeug nicht erwerben muss.
Nun ist diese Schilderung sehr überspitzt dargestellt, doch in der Übertreibung liegt die Anschaulichkeit.
Warum schreiben wir einen solchen Artikel?
Aus dem einfachen Grund, da wir schon „sehr viel", und manchmal auch „zu viel“ gesehen haben:
Schönes, aber leider auch extrem viel Unschönes.
Verkauft ihr gebrauchte Instrumente?
Es taucht immer wieder die Frage auf, ob wir gebrauchte Instrumente verkaufen, bzw. ankaufen.
Die klare Antwort auf diese Frage lautet: Nein.
Begründen lässt sich Dies einerseits mit der Garantie, welche wir auch auf gebrauchte Instrumente geben müssen.
Zum Anderen liegen die Vorstellungen, für welche Summe man ein gebrauchtes Instrument veräußern kann, meist doch weit auseinander.
Wir als Wiederverkäufer würden, schon allein aus hygienischen Gründen, folgende Instrumentenbestandteile einer Sackpfeife austauschen bzw. Diese vor einem Weiterverkauf erneuern, um ruhigen Gewissens wieder eine volle Gewährleistung geben zu können:
- Lederbalg samt Abdichtung
- Blasrohrstock und Blasrohr
- Bordunstock / -stöcke
- Spielpfeifenstock
- Rohrblätter
Zusätzlich würden wir das Instrument, soweit es möglich ist, auf den technisch aktuellsten Stand bringen und neu intonieren - das heißt, eine komplette Wartung am Instrument durchführen - um sicherzustellen, dass wir auch in den kommenden Jahren passende Ersatzteile liefern können und das Instrument noch lange ein treuer Begleiter sein könnte.
Nun liegt es auf der Hand, dass eine Preisvorstellung für fast Neupreis des jeweiligen Instrumentes nicht realisierbar wäre, wenn wir das Instrument über unsere Werkstatt weiterverkaufen würden.
Sackpfeifen sind keine Wertanlage!
Sie unterliegen einem anwendungsbedingten Verschleiß.
Die Wenigsten, die ihr Instrument veräußern wollen, sind so fair und lassen es vor dem Verkauf noch einmal vom Hersteller warten oder überprüfen.
Sackpfeifenangebote auf diversen Internetplattformen
Wir werden ebenso oft gefragt:
Kann ich Dieses oder Jenes Instrument, angeboten über diverse Internetplattformen, kaufen?
Ist der Preis gerechtfertigt?
Könnt ihr etwas über den Zustand sagen?
Sind die Angaben dort korrekt?
Wir können
eventuell das tatsächliche Alter der Instrumente an Hand von Bildern bestimmen.
Instrumente, welche ab ca. Mitte 2014 unsere Werkstatt verlassen haben, haben eine Seriennummer.
Wir können, schon aus Gründen des Datenschutzes, keine Angaben über vorherige Käufer / Besitzer machen.
Auch wir wissen nicht, welche Wege all unsere Instrumente nach dem Verkauf gehen.
Wir können leider auch keine Aussagen über den wirklichen Zustand der Instrumente treffen, ohne sie tatsächlich begutachtet zu haben.
Denkt an den zu Beginn geschilderten Autokauf.
Hier ein kleiner Fahrplan, bzw. Angaben zum Instrument, die wichtig wären, solltet ihr über einen Gebrauchtkauf nachdenken:
- Wer hat das Instrument gebaut? Wer ist der Hersteller?
Bitte berücksichtigt Dies beim Kauf eines gebrauchten Instrumentes:
Werdet ihr Ersatzteile / neue Instrumentenbestandteile bekommen, wenn etwas kaputt gehen sollte?
Wer wird das Instrument
fachgerecht warten, wenn ihr es nicht selbst warten könnt / möchtet.
Manche Arbeiten kann bzw. sollte man mit den oft einfacheren Mitteln zu Hause nicht selbst durchführen.
Stammt das Instrument aus der Hand eines namhaften Herstellers oder von fragwürdigen Künstlern, die später nicht mehr auffindbar sind?
Wenn ihr Zweifel an den Aussagen und Angaben der Veräußernden habt, kontaktiert bitte den jeweiligen Hersteller.
- Befindet sich das Instrument im Originalzustand? Wenn nicht, was wurde verändert?
Es ist mittlerweile leider gängig, selbst an Instrumenten zu manipulieren, stellenweise bis
hin zu dem Grad, an dem Nichts mehr funktioniert.
Bitte denkt immer daran:
Sackpfeifen sind Systeme.
Sie sind keine Torten mit „Dr. Oetker Gelinggarantie“, die problemlos funktionieren, wenn man einfach irgendwelche Ingredienzen zusammenrührt (in diesem Falle -steckt).
- Wie alt ist das Instrument?
Ist ein Instrument schon etwas älter, und wurde es nie fachgerecht gewartet, ist eine Wartung meist nicht fern, bzw. wäre sie angebracht.
Eine Sackpfeife besteht oft zum Großteil aus natürlichen Materialien. Diese verschleißen, oder ändern sich im Laufe der Zeit: Holz arbeitet, Bohrungen können quellen, Feuchtigkeit oder Schmutz, manchmal auch Getier, hinterlassen Spuren, oder verstopfen Bohrungen.
Dann funktioniert Nichts mehr, wie es soll.
"Wertvolle Dachbodenfunde" sind meist schwer zu Beurteilen:
Es ist möglich, jahrzehntelang nicht gespielte Sackpfeifen wieder zu "reanimieren", jedoch ist Dies meist sehr aufwändig und mit entsprechend hohen Kosten verbunden.
Das Material ist ermüdet, Technik / Mensuren sind oft veraltet, nicht mehr zeitgemäß und werden den heutigen Anforderungen an Intonation und Stimmungsstabilität nicht mehr gerecht.
- Sind die Originalrohrblätter im Instrument verbaut?
Wurden sie ausgetauscht, durch andere Systeme ersetzt?
Wurde die Mensur der Spielpfeife manipuliert?
Leider ist Dies oft der Fall, und nicht immer problemlos erkennbar.
Es sorgt für sehr lange Gesichter, wenn man ganze Spielpfeifen ersetzen muss, da die Tonlöcher von Vorbesitzern so stark vergrößert wurden, dass selbst ein Dübeln und Neu-Bohren der mittlerweile viel zu großen Tonlöcher nicht mehr möglich ist.
Oder wenn zusätzliche Tonlöcher durch Dritte falsch gesetzt wurden, und man die komplette, restliche Spielpfeife abkleben muss, nur damit dieser eine Ton stimmt…
- Befinden sich überhaupt Rohrblätter im Instrument?
Es ist schon vorgekommen, dass einfach komplett alle Reeds aus dem Instrument entfernt wurden.
Ein Funktionstest des Instrumentes ist somit nicht möglich, siehe auch vorheriger Punkt.
- Ist der Ledersack intakt? Wann wurde er das letzte Mal abgedichtet?
Ist man mit der Pflege seines Sackes etwas nachlässig, wird das Leder über die Jahre hart und brüchig, oder die Naht fault durch.
Auch Schimmel im Instrument ist möglich und leider keine Seltenheit.
Hier zum extra Artikel.
- Wie sieht das Instrument im Inneren aus?
Außen Hui, und innen Pfui?
Sind die Stöcke, oder manchmal auch bereits die Bohrungen der Bordune innen Schwarz, pelzig, oder bereits Zersetzungsprozessen unterlegen, ist häufig Schimmel dafür verantwortlich.
Diesen bekommt man nur schwer bis gar nicht aus dem Instrument heraus.
Das sieht man nicht nur, man riecht es auch!
Hat das Instrument ein extra Ledercover - sollte man auch immer einen Blick unter das Cover werfen.
- Wie klingt das Instrument? Ist es spielbar? Wäre es FÜR EUCH spielbar?
Last but not least ist natürlich der Klang des Instrumentes.
Spielmänner und Spielfrauen, welche sich über Jahre hinweg an „Ihr“ Instrument gewöhnt haben, welche „Ihr“ Instrument nach ihren Wünschen modifiziert oder vielleicht auch komplett selbst zusammengetragen haben, kommen hervorragend mit diesen Instrumenten zurecht.
Wäre das Instrument auch FÜR EUCH spielbar?
Wie geübt seit ihr beim Einstellen / Stimmen von Sackpfeifen oder Rohrblättern?
Welchen Spieldruck könnt ihr meistern?
Spieldruck, Handhabung, Gewicht, Empfinden beim Spielen lassen sich über Beschreibungen nur schwer vermitteln.
Wie gewöhnlich:
Wer die Möglichkeit hat, ein angebotenes Instrument vor dem Kauf selbst auszuprobieren, der nehme diese Möglichkeit auf jeden Fall wahr!
Gebrauchtkauf kann auch ein Glücksfall sein!
Nun klingt all das sehr negativ, und der Ein oder Andere mag denken, Dies seien alles böse Unterstellungen an jeden Dudelsackverkäufer, welcher ein gebrauchtes Instrument im Internet anbietet.
So verhält es sich nicht.
Ganz im Gegenteil:
Es werden stellenweise echte Schnäppchen angeboten und es sind wahre Schätze an wunderschönen und auch gut gepflegten und gehegten Instrumenten zu finden!
Es gibt sie, die wirklich ehrlichen und fairen Verkäufer/-innen!
Unsere Erfahrungen der letzten Jahre zeigen nur ab und an sehr deutlich, dass der Satz: „Privatverkauf - keine Garantie, Haftung, Rücknahme,….“ von Manchen bis zum wirklich Allerletzten ausgereizt wird und oft auch bewusst falsche Angaben über das Alter und den Zustand von angebotenen Instrumenten gemacht werden.
Wer mit dem Gedanken spielt, sich eine Sackpfeife gebraucht zu kaufen, der sollte sich sachlich und gründlich mit all den genannten Fragen auseinandersetzen.
Man sollte sich Bewusst sein, dass zu einem noch relativ hohen Kaufpreis zusätzliche Kosten für eventuell anfallende Reparaturen, Wartungen, Rohrblätter, neue Ledersäcke oder sonstige Bestandteile hinzukommen KÖNNEN.
In manchen Fällen KÖNNEN die Kosten auch den Neupreis eines Instrumentes übersteigen.
Hier ist das Motto: Alles kann, Nichts muss.
Was auf Fahrzeuge zutrifft, lässt sich auch bei Sackpfeifen anwenden:
Man kann großes Glück und noch lange Freude mit seinem neuen, alten Instrument haben. Man kann aber auch extrem ins Klo greifen.